Konservierung der Außenfresken

[26.12.2007]
Von großem kunsthistorischem Wert sind auch die Außenfresken der Kapelle. Unter den Holzverschalungen an der Kapelle findet sich ein Bilderzyklus mit den Stammeltern Adam und Eva, dem hl. Onuphrius, der heiligen Sippe, der Anbetung durch die Heiligen Drei Könige und dem hl. Florian.

Schon 1994 regte der damalige Vorsitzende des Verein der Freunde Schloss Blutenburg e.V., Wolfgang Vogelsgesang, an: „Die Außenfresken an der Schlosskapelle haben neue Verkleidungen bekommen. Man sollte jetzt darüber nachdenken, ob diese Fresken nicht doch restauriert werden können.“ (Obermenzinger Hefte, Dezember 1994.

 

 
Fresken an der Kapelle (aus: Blutenburg - Die Schlosskapelle (siehe unten))

In einem Schreiben vom 8. November 2001 an den Blutenburgverein teilt Egfried Hanfstaengl, Präsident der Schlösserverwaltung, mit, dass „die bis vor kurzem währenden restauratorischen Untersuchungen nochmals bestätigt (haben), dass die Reste der spätgotischen Außenfresken trotz ihrer Einhausung äußerst gefährdet sind. Die Substanz ist mit schädlichen Salzen belastet, auch gibt es Malschicht- und Putzablösungen in erheblichem Umfang.“ Insgesamt, so fasst Hanfstaengl zusammen, ist „nur noch wenig von der spätgotischen Originalsubstanz vorhanden.“ Das heutige Erscheinungsbild der Fresken gehe in erster Linie auf Übermalungen in jüngerer Zeit, wohl vor 1914, zurück. Die nur mehr schwierig ablesbare Originalsubstanz „weist nur noch eine sehr gering ausgeprägte Farbigkeit auf.“

 

Eine öffentliche Präsentation der Originalfresken wurde daher aus konservatorischen Gründen als nicht realisierbar abgelehnt, denn damit würde der fortschreitende Verfall der Malerei einhergehen. Ziel der Schlösserverwaltung ist „die langfristige Erhaltung und qualifizierte Konservierung des derzeitigen Zustands.“

Zu diesem Zweck fand von September 2001 über einen gesamten Jahreszyklus hinweg , also bis September 2002, eine Klimamessung innerhalb der Einhausungen statt. Nach erfolgter Auswertung der Messungen wurde in intensiver Diskussion mit dem Blutenburgverein ein Restaurierungskonzept entwickelt. Um dem Besucher einen Eindruck über die Fresken zu vermitteln, wurde im Herbst 2007 auf den zum Schutz der Originale aufgebrachten Einhausungen die beiden Fresken neben dem Kirchenportal rekonstruiert.
Architekt Mathias Pfeil, Abteilungsleiter in der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, schreibt zur Rekonstruktion in den Obermenzinger Heften, Dezember 2007:

 

Spagat zwischen Original und Kopie

Die originalen gotischen Außenfresken an der Schlosskapelle Blutenburg sind in ihrer Art äußerst selten und daher von außergewöhnlich hoher Bedeutung. Aus der Zeit um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert stammend, zählen sie zu den ältesten bildnerischen Darstellungen dieser Art in Bayern, die heute noch erhalten sind.

Mit Ausnahme des Bildfeldes „Gnadenstuhl“ direkt über dem Portal, befinden sie sich, nachdem sie über 500 Jahren Sonne, Regen und Schnee schutzlos ausgesetzt waren, in einem so schlechten Zustand, dass wesentliche Bildinhalte nicht mehr erkennbar sind. Um diese insgesamt sechs stark geschädigten Fresken vor weiterem Verfall zu schützen, hatte die Schlösserverwaltung sie in den 1980er Jahren mit Schutzkästen versehen, die zwar den bestmöglichen Schutz bieten, da sie Witterungseinflüsse abhalten und sich stabilisierend auf das Klima auswirken, die Fresken aber auch vor den Blicken der Besucher verschlossen. In den letzten Jahren wurden diese Kästen optisch und konservatorisch aufgebessert, z.B. farblich auf die Schlosskapelle abgestimmt und mit einer zusätzlichen inneren Wärmedämmschicht versehen. Inzwischen konnten konservatorische Maßnahmen zur Sicherung der Fresken an vier Bildfeldern abgeschlossen werden. Bis zum Jahr 2010 hofft die Schlösserverwaltung, alle noch ausstehenden konservatorischen Sicherungsmaßnahmen an den Außenfresken zum Abschluss bringen zu können.

 

 

Befriedigend für den normalen Besucher der Blutenburg, der nichts von diesen denkmalpflegerischen Hintergründen wusste, war dieser Zustand allerdings nicht. Die Fresken waren jetzt zwar optimal geschützt, konnten aber nicht mehr gesehen werden. Die hölzernen Schutzkästen waren zwar nicht mehr so betongrau hässlich wie früher, dennoch versperrten sie den Blick auf die Originale.

So gab es lange und zum Teil auch hitzige Diskussionen zwischen der Denkmalbehörde Schlösserverwaltung und dem Blutenburgverein über die bestmögliche Art und Weise, wie man die an sich widersprüchlichen Interessen, die konservatorisch bestmögliche Behandlung auf der einen Seite, und den Wunsch, die Fresken wieder sehen zu können auf der anderen Seite, aufeinander abstimmen könnte.

Letztlich entschied man sich gemeinsam für eine sehr sinnvolle Lösung. Um den bestmöglichen Schutz für die Originale sicherzustellen, verbleiben diese hinter den Schutzkästen. Hier sind sie keinen Witterungseinflüssen mehr ausgesetzt und können optimal saniert werden. Den Vorschlag des Blutenburgvereins, die Fresken abzunehmen und sie in ein Depot zu verbringen bzw. in einem Museum der Öffentlichkeit zu zeigen und dafür Kopien an die Kirchenfassade anzubringen, wurde fallengelassen. Diesem Vorschlag standen massive baukonstruktive Probleme entgegen, die Fresken wären nicht mehr zu halten gewesen. Dies hätte den unwiderbringlichen Verlust an Originalsubstanz bedeutet, was natürlich auch nicht im Sinne des Blutenburgvereins gewesen wäre.

 

So entstand die Idee, die Schutzkästen noch weitergehend als bisher zu nutzen, und sie – neben dem bestmöglichen konservatorischen Schutz – auch noch dazu zu verwenden, dem Besucher wieder den ursprünglichen Eindruck der Fresken vermitteln zu können. In der abgewitterten Form, in der diese sich heute präsentieren, können sie nur noch einen sehr schwachen Abglanz ihrer ursprünglichen Wirkung zeigen. Also entschied man sich dazu, vor die geschützten Originale auf der Vorderseite der Schutzkästen – links und rechts neben dem Eingangsportal der Schlosskapelle, es handelt sich um die Bildfelder „Sündenfall“ und „Heiliger Onuphrius“ – malerisch interpretativ ergänzte Kopien aufzubringen, die wesentlich mehr aussagen, als dies die Originale dem normalen Besucher heute noch vermitteln können. Sicher ist das für eine Denkmalbehörde ein ungewöhnlicher Schritt, da der Spagat zwischen Interpretation und Fantasie ein schwieriger ist und hierfür höchstmögliche Fachkompetenz herangezogen werden muss.

Der vom Blutenburgverein für die Erstellung der Kopien vorgeschlagene, in diesem Bereich sehr erfahrene Kunstmaler Hermengild Peiker, erarbeitete in Zusammenarbeit mit dem von der Schlösserverwaltung mit den Restaurierungsarbeiten an den Fresken beauftragten Restaurator Herrn Klarner und der ebenfalls beauftragten, auf gotische Fresken pezialisierten Restauratorin Frau Kleidt, einen Vorschlag für diese malerische Rekonstruktion. Ziel war die Verbesserung der verblassten, reduzierten Bildaussage der Originale. Die Kopien sind kräftiger in der Farbgebung, Fehlstellen der Bilddarstellung wurden – soweit möglich und vertretbar – ergänzt, um den Besuchern eine Vorstellung von der ursprünglichen Wirkung der Fresken zu geben.

 

 
Detail aus den Fresken an der Kapelle (aus: Blutenburg - Die Schlosskapelle (siehe unten))

Dem Besucher präsentieren sich so farblich aufgefrischte, ergänzte und in ihrer Wirkung abgerundete Kopien, die auf der Vorderseite der die Originale dahinter versteckenden Schutzkästen auf den ersten Blick so wirken, als wären sie selbst die Originale.

Der eigentliche Clou dieser Lösung ist neben der bestmöglichen Sicherung der Originale aber der didaktische Ansatz, der jetzt gegangen werden kann. Durch den erst jetzt möglichen Vergleich zwischen verwittertem Original und sich nur wenige Zentimeter vor dieser befindlichen aufgefrischten Kopie, können neben der Darstellung der Bedeutung der Originale die Probleme bei deren Sanierung bestmöglich erläutert werden. Um dies vermitteln zu können, werden parallel zur malerischen Rekonstruktion im nächsten Jahr ergänzend Informationstafeln aufgestellt, die mit Fotografien der Originalfresken im derzeitigen Zustand und didaktischen Erläuterungen zur Bedeutung der Fresken, zu ihren Bildinhalten, zur Restaurierung und den Problemen ihrer Erhaltung, Einblicke in die Sanierungsbemühungen und –ziele der Schlösserverwaltung geben können.
Auf diese Weise kann die Schlösserverwaltung – durch diesen Vergleich von Original und Kopie – dem interessierten Besucher wertvolle Einblicke in ihre Arbeit ermöglichen und vielleicht etwas mehr Sensibilität gegenüber dem Thema „Denkmalschutz und Sanierung“ vermitteln.

Gerade im Zusammenhang mit den vielen Kinder- und Jugendgruppen, die die IJB in der Blutenburg besuchen, kommt diesem Aspekt aus Sicht der Schlösserverwaltung eine große Bedeutung zu.

Frieder Vogelsgesang

 

Bildnachweis


Wolfgang Vogelsgesang (Hrsg): Blutenburg – Die Schlosskapelle. München 1994, 180 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Erasmus Grasser-Verlag. ISBN 3-925967-26-5. Preis: 30,50 Euro

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